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Woran merkt man, dass man alt wird? Na zum Beispiel daran, dass man im Bus einen Platz angeboten bekommt oder dass im Briefkasten unangeforderte aber adressierte Prospekte zum Thema Feuerbestattung landen…. Ersteres ist mir noch nicht passiert, Letzteres schon. Wie immer hab ich despektierliche Blicke von Passanten in Kauf genommen und meine Post mit den Fingern aus dem Briefkasten geangelt. Würde ich ihn einfach aufschließen, könnte mich sein Inhalt erschlagen. Also zerre ich wie immer einen Prospekt nach dem anderen aus dem Kasten mit der fetten Aufschrift „Bitte keine Werbung oder kostenlose Zeitungen einwerfen“, aber die Themen der Briefe, Kataloge und Flyer haben sich gewandelt. Früher steckten im Kasten Modeprospekte und Flyer für die monatliche Altkleidersammlung, aber seit neuestem hagelt es Gartenkataloge und Einrichtungsideen, auch Versicherungen und Vereine haben es jetzt auf uns abgesehen. Dank der bunten Briefe weiß ich inzwischen zum Beispiel wieviel eine durchschnittliche Gartenbank oder eine Feuerbestattung kosten. Sehr nett, die Bank ist übrigens günstiger. Aber soll ich jetzt mein Geld lieber in Gartenmöbel oder in Designerurnen anlegen? Gibt es einen Verein, der auch darüber aufklären kann? Braucht man Gartenmöbel auch ohne Garten? Kann man für Zeitungsausträger mit Leseschwäche spenden? Und was passiert eigentlich wenn man jetzt eine Feuerbestattung bucht und in 30 Jahren doch lieber auf den Kompost möchte … gibt es für solche Fälle eine Reiserücktrittsversicherung? Fragen über Fragen.

Vielleicht lassen sich die ganzen Prominenten und Schauspieler garnicht aus Eitelkeit liften und aufspritzen! Inzwischen glaube ich sie tun es, damit bloß keiner merkt, dass sie schon über 30 sind und damit zum Freiwild für Gartencenter und Bestattungsvereine werden. Ja vielleicht sollten wir uns auch die Mundwinkel bis zu den Ohrläppchen ziehen lassen, damit wieder fröhliche Kataloge für Blümchenkleider in der Post landen? Eigentlich schade, denn ich mag mehr die natürlich gereiften Gesichter, denen Lachfältchen eine persönliche Note geben. Aber offensichtlich denken Gewerbetreibende bei Falten nicht an Lebenserfahrung und Emotionen sondern an Marmor und Rosenholz. Kaum ist das erste graue Haar in sicht, gilt man als dement, denn sonst hätte man nicht vergessen es wegzufärben.

Eigentlich wundert es mich, dass sich im Briefkasten noch nicht genreübergreifende Werbung findet, ich hätte da Ideen! Wie wäre es mit einer Bio-Bestattungs-Kooperation nach dem Motto „Heute bio schlemmen, morgen öko brennen“? Auch Friseure könnten fachübergreifender denken und werben, z.B. „100 x Aschblond färben, eine Einäscherung gratis!“ Solche Kooperationen würden eine Menge Papier-und Druckkosten sparen und trotzdem alles bewerben was der konsumgeplagte Briefkasteninhaber nicht möchte.

Ein Produkt allerdings gibt es, das ich sofort kaufen würde: einen Briefkasten mit Spamfilter. Alles was auf gelacktem Papier geliefert wird, wird sofort geschreddert, sowie alle Briefumschläge die nicht aus dem üblichen behörden-braungrauen Recyclingpapier sind. Oder gibt es sowas schon? Und wenn ja, warum steckte davon noch kein Flyer in der Post?