Wenn ich so jeden Tag mit Hund draußen unterwegs bin und im 5 Minuten Takt von Menschen überholt werde die einen Sport betreiben der sich „Jogging“ nennt, dann klopft auch bei mir manchmal der sportliche Ehrgeiz an. Allerdings bin ich aus dem Alter raus, in dem man noch alles macht, was der Ehrgeiz verlangt. Aber das war nicht immer so….
ich habe mehrere Anläufe genommen um jedes Mal zum gleichen Schluss zu kommen: Joggen liegt mir nicht!
Es begann alles mit einem paar Schuhe. Das erste Paar war billig, schließlich hatte ich Zweifel ob ich beim neuen Sport bleiben würde und ich war Student. Ich quälte mich ein paar Mal auf asphaltierten Wegen an Schrebergärten entlang und redete mir danach zu Hause ein, dass ich mich besser fühlen würde als vorher. Damals wohnte ich in einer größeren Stadt und das nächste pflasterfreie und zu Fuß erreichbare Areal war ein Friedhof. Da ich Friedhöfe noch nie mochte, stauchte ich mir lieber die Fersen entlang der novembergrauen, verramschten Schrebergärten, denn in Joggingmontur in die Straßenbahn steigen, das kam nicht in Frage. Lange durchgehalten habe ich damals nicht und das Gewissen lies sich mit dem Totschlagargument „Studienstress“ ganz gut zum Schweigen bringen.
Anstatt einzusehen, dass Joggen zwar beliebt, aber deshalb noch lange nicht für mich geeignet ist, unternahm ich irgendwann einen zweiten Anlauf. Diesmal zog ich es anders auf! Ich schleppte meinen heutigen Mann in ein Sportfachgeschäft, bequatschte Ihn zur Mittäterschaft und beschloss für uns beide Schuhe im Preisbereich jenseits der Schmerzgrenze zu kaufen. Die Theorie dahinter: tut der Kauf RICHTIG weh, dann bringe ich es nicht über`s Herz die Treter NICHT zu benutzen. Dass man Mitte 20 noch so naiv sein kann….
Wir ließen uns alle Unzulänglichkeiten unserer Füße aufzählen und mussten im Gang Probelaufen…. aaah, sie haben Senkfüße, rief mir die Verkäuferin lauthals hinterher, da kann ich ihnen Einlagen empfehlen!!! Kommen sie mal her, vielleicht ist da noch ein Spreizfuß…. so oder so ähnlich versuchte sie mich zu ermuntern das weiße Paar mit den rosa Streifen zu kaufen.
Das weiße Paar mit den rosa Streifen liegt noch heute in der Schuhkiste, denn zum wegschmeißen waren sie ja schließlich zu teuer. Aber inzwischen beobachte ich lieber andere Joggerinnen und Jogger. Es gibt da zum Beispiel die gestählten Klischeejoggerinnen Mitte 40 im pinken Stretchkondom mit Pferdeschwanz. Dann gibt es die gemütlichen JoggER Ende 50 mit Dreitagebart und Baumwoll-Jogginganzug , die den Klischeejoggerinnen unverholen hinterherstarren. Es gibt die Hochleistungsrennmaschinen, sie haben meist kein Gramm Fett am Körper, tragen auch bei -10 Grad kurze Hosen und überholen einen Fußgänger auf 100m Weg mindestens 3 Mal. Etwas lässiger sind die studentischen Joggerinnen und Jogger unterwegs. Sie tragen meistens Ohrstöpsel oder laufen in kleinen bis mittelgroßen Gruppen durch die Gegend. Spandex in Neonfarben sieht man an ihnen selten. Ihre Kleidung ist meist irgendetwas Praktisches, das sich für die Uni nicht mehr eignet und sie sehen oft ganz glücklich aus bei dem was sie tun. Das ist bei Joggern ja nicht selbstverständlich, denn viele scheinen ganz deutlich ein Ziel auf die Stirn tätowiert zu haben: ENDLICH von Größe 36 auf 34 kommen!!!! Oder: Bis Weihnachten die Füße wieder sehen können.
Da ich meine Füße noch sehen kann, keinen Spaß am Rennen habe und sicher niemals Kleidergröße 34 erreichen werde, bleiben meine Schuhe auch in Zukunft in der Kiste. Sie sind ein Mahnmal dafür, dass man nicht immer machen muss, was alle tun. Beim Spazierengehen sehe ich sowieso viel mehr von der Landschaft!
Ich wünsche allen Joggern heut noch eine gute Puste!